Disposition und SCM (Effektivität in den Produktionsprozessen)
Grundsätzliche Dispositionsverfahren der Produktion sind Make to stock und Make to Order.
Make to stock
Produktion (auf Lager) für den anonymen Markt.
Schätzung der Marktnachfrage über Bedarfsprognose.
Voraussetzungen für Make to stock sind insbesondere bei standardisierten Erzeugnissen gegeben.
Vorteile:
- geringe Lieferzeit (da häufig bereits im Lager)
- wirtschaftlicher Produktionsablauf (Lose) gut realisierbar
Nachteile:
- Hohes Risiko der Fehleinschätzung des Bedarfs (insbesondere bei hoher Variantenvielfalt)
- Evtl. hohe Kapitelbindungskosten durch Lagerung
Make to Order
Produktion startet mit Kundenauftrag. Innerbetriebliche Aufträge entsprechen den Kundenaufträgen (Produktionsauftrag = Kundenauftrag). Sinnvoll, wenn weder Art, Menge noch zeitliches Auftreten der Erzeugnisse vorhersagbar sind, z.B. bei sehr kundenindividuellen Produkten
Vorteile:
- keine Prognosen notwendig
- Reduzierung des Absatzrisikos
Nachteile:
- Maximale Lieferfristen, da erst nach Auftragseingang geplant wird
- Unzuverlässige Ressourcenbelastung
In ERP-Systemen lassen sich je nach Produkt bedarfsdisponierte, auftragsdisponierte oder verbrauchsdisponierte Planungsverfahren definieren, welche über Produktionsplanungsalgorithmen ausgeführt werden, die zu Systemvorschlägen für die Ausführung entsprechender Vorgängen führen.
Disposition abhängig von Versorgungsunsicherheit und Nachfrageunsicherheit (erster Einblick in die Bedeutung des Supply Chain Managements)
Zwei Dimensionen haben Einfluss auf die anzuwendende Strategie bei der Disposition, die sich unter anderem bei den Zulieferern von Material und Leistungen innerhalb der Supply Chain bedienen muss, da eine Sichtweite über das eigene Unternehmen hinaus in der Praxis von Belang ist:
Versorgungsunsicherheit (=Lieferunsicherheit abhängig von der Stabilität der Supply Chain Prozesse), die entweder gering ist (dies bedeutet, es liegen stabile Prozesse in der Supply Chain vor) oder groß ist (dies bedeutend, es liegen in der Supply Chain zu entwickelnde Prozesse vor).
Nachfrageunsicherheit (abhängig von der Produktart – funktional oder innovativ), die entweder gering ist (dies bedeutet, es handelt sich um funktionale Produkte) oder groß ist (dies bedeutet, es handelt sich um innovative Produkte).
Aus der Kombination der Dimensionen Versorgungsunsicherheit und Nachfrageunsicherheit ergeben sich somit vier Supply Chain Strategien, die abhängig von diesen Dimensionen anzuwenden sind:
Efficient & Lean Supply Chain
Vermeidung von Verschwendung (No Waste) bei effizienten und schlanken Lieferketten (Efficient & Lean Supply Chain) die bei einer geringen Versorgungsunsicherheit und einer geringen Nachfrageunsicherheit anzuwenden ist:
No Waste (Vermeidung von Verschwendung):
Hauptziel: Erzielung der größtmöglichen Kosteneffizienzen innerhalb der Supply Chain:
Agile Supply Chain
Erhöhung der Geschwindigkeit (Speed) bei agilen Lieferketten (Agile Supply Chain)
die bei einer großen Versorgungsunsicherheit und einer großen Nachfrageunsicherheit anzuwenden ist:
Speed (Erhöhung der Geschwindigkeit):
Hauptziele: Schnelles und flexibles Reagieren auf Kundenbedürfnisse, wobei Risiken wie Lieferausfälle oder Lieferstörungen durch Bestände oder erweiterte Kapazitätsressourcen abgesichert werden.
Kundenauftragsbasierte Produktion (PULL) mit kurzen und schnellen Reaktionszeiten.
Build-to-order (BTO) – auftragsbezogene Fertigung –
Assemble-to-Order (ATO) – auftragsbezogene Endmontage –
Responsive Supply Chain
No Waste (Vermeiden von Verschwendung) UND Speed (Erhöhung der Geschwindigkeit) bei reaktionsfähigen Lieferketten (Responsive Supply Chain) die bei einer großen Nachfrageunsicherheit und einer geringen Versorgungsunsicherheit
anzuwenden ist.
Hauptziele: reaktionsschnelle und flexibel, schlank und effizient, eingehen auf sich ändernde Kundenbedürfnisse, Aufbau agiler Fähigkeiten auf einer „Lean“-Basis- dies bedeutet: Verfolgung schlanker Prozesse innerhalb einer prognosebasierten Vorproduktion (PUSH), optimale Lösgroßen (große Losgrößen), geringe Produktvarianz, Ziel: Effizienz
bis zum Entkoppelungspunkt
agile Prozesse nach diesem Punkt („Postponement“): kundenauftragsbasierte Endproduktion (PULL), auftragsbasierte Losgrößen (kleine Losgrößen), große Produktvarianz, Ziel: Effektivität
Risk-Hedging Supply Chain
Risikoabsichernde Lieferketten (Risk-Hedging Supply Chain) die bei einer geringen Nachfrageunsicherheit und einer großen Versorgungsunsicherheit
anzuwenden ist:
Risk-Hedging (Risikoabsicherung):
Hauptziele: Risikominimierung, beispielsweise durch Erhöhung des Sicherheitsbestands,
Entwicklung einer Lieferantenbasis, Multiple Sourcing, Kooperationen mit Wettbewerbern
Bündelung und gemeinsame Nutzung (mit Lieferanten, Wettbewerbern..) von Ressourcen innerhalb der Supply Chain so dass das Risiko einer Lieferstörung geteilt und aufgefangen wird.
Das geschilderte, differenzierte Supply Chain Management lässt sich in ERP-Systemen digitalisieren über eine gezielte Parametrisierung von Dispositionsdaten in Basisdaten von Artikelstämmen, sowie abhängiger Basisdaten, wie Artikel-Lieferantenstämme (Multi-Sourcing), Dispositionsverfahren auf Basis von Melde- und Sicherheitsbeständen, Absatzplänen und Produktionsplanungsläufen und Produktionsstammdatenstrukturierung, die eine Führung von Entkoppelungspunkten ermöglicht.